BWW Reviews: English Theatre Frankfurt seziert THE RULING CLASS mit schwarzem, britischen Humor

By: Sep. 21, 2013
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Das English Theatre Frankurt eröffnete seine aktuelle Spielzeit mit dem wohl bekanntesten Bühnenstück des britischen Autors Peter Barnes: The Ruling Class. Die dunkle, und teils makabere Komödie nimmt vor allem die englische Oberschicht auf die Schippe. Das Stück beschäftigt sich aber auch mit solch universalen Themen wie Gier und dem zwanghaften Sterben nach Normalität und dem Kampf gegen all das, was offensichtlich anormal scheint.

Ausgangspunkt des 1968 uraufgeführten Stückes ist der Tod eines britischen Earls und die Frage, was mit dessen Erbe geschehen soll. Sein einziger Sohn Jack (Richard Ede) ist schon seit vielen Jahren Patient in einer Psychiatrie, denn er hält sich selbst für Gott. Als sein Vater ihm dennoch sein gesamtes Anwesen vermacht, kehrt er ganz zum Missfallen von Onkel und Tante nach Hause zurück um sein Erbe anzutreten. Tante Lady Claire (Georgia Slowe) versucht mit Hilfe eines experimentellen deutschen Arztes (Andrew Piper) Jack zu heilen, damit er die Familie in der Öffentlichkeit nicht blamiert. Onkel Sir Charles (Jeremy Gittins) dagegen sucht nach Wegen das Erbe selbst zu kontrollieren. Deswegen verheiratet er seine eigene Mätresse Grace (Rachael Barrington) mit Jack, in der Hoffnung, dass sie einen Sohn zeugen, der dann zum rechtmäßigen Erben erklärt werden könnte. Gleichzeitig scheint aber auch eine radikale Schocktherapie Erfolge zu zeigen. Keiner ahnt jedoch etwas von der tiefen Veränderung, die sich tatsächlich in Jack vollzogen hat.

Barnes' Spott gilt hier der Ruling Class, der englisches Oberschicht, die er durch grenzenlose Übertreibung ihrer Verhaltensweisen lächerlich macht. Dies gelingt vor allem im ersten Drittel des Stückes sehr gut. Das Publikum im English Theatre am vergangenen Donnerstag lachte und kicherte geschlossen über die vielen großen und kleinen Gags des ersten Aktes, angefangen von den unglückseligen Todesumständen des alten Earls, über den Einsatz von Simon and Garfunkel's „Sound of Silence" während der Beerdigung, bis hin zum reich beerbten und nun etwas aufsässigen Butler Tucker (Moray Treadwell). Gerade gegen Ende des anderthalb Stunden langen ersten Aktes zieht sich das Stück jedoch etwas. Hinzu kommt, dass der oft sehr schwarze Humor in Kombination mit der starken Übertreibung unumstritten Geschmackssache ist, und viele Witze in diesem Teil des Stückes für mich nicht ganz ins Schwarze trafen. Nach der Pause geht es jedoch mit frischem Schwung und deutlich anderer Stimmung in den zweiten Akt. Während die erste Hälfte dieser Komödie von schwarzem, aber leichtem Humor geprägt ist, wirkt die zweite Hälfte ernster und dunkler. Verantwortlich für diesen Umschwung ist die Veränderung von Jacks Charakter, wenn aus dem verrückten, aber gutmütigen „God of Love" der „God of Vengence" wird. Sein Bestreben geliebt zu werden schlägt nun in einen Rachefeldzug mit dramatischen Folgen um.

Wie man das schon in der Vergangenheit vom English Theatre gewöhnt ist, überzeugt auch bei „The Ruling Class" das Bühnenbild von Georgia Lowe. Die relativ kleine Bühne bietet nicht Spielraum für aufwendige Kulissen, aber die Gestaltung ist ansprechend und passend und viele raffinierte Transformationen lassen Umbauten und Szenenwechsel nahtlos erscheinen.

Das Highlight dieser Produktion ist die schauspielerische Leistung des gesamten Ensembles, die durch die Bank überragend ist. Besonders hervorzuheben ist dabei Richard Ede, der in der Rolle von Jack zu sehen ist. Er versteht es, alle Facetten dieses komplexen und komplizierten Charakters glaubwürdig darzustellen. Es kann nicht einfach sein, die emotionalle Reise von Jack's Werdegang jeden Abend aufs Neue mitzuerleben, aber man merkt Ede diese Schwierigkeit nicht an. Ganz im Gegenteil gelingt es ihm, es mühelos erscheinen zu lassen. Ebenfalls hervorzuheben ist Morey Treadwell (Tucker), der vor allem durch ausgezeichnetes komödiantisches Timing und Geschick besticht und damit wohl die meisten Lacher der Show erntet. Beeindruckend ist auch die Darbietung von Andrew Piper, der in eine Reihe von Rollen zu sehen ist (u.a. die des Doktors und des alten Earls). Ohne einen Blick in das Begleitheft wäre diese Mehrfachbesetzung nicht aufgefallen, denn Piper (mit Hilfe eines guten Maskenbildners) gelingt es, allen Rollen einen eigenen Charakter zu verleihen und wechselt scheinbar mühelos zwischen diesen hin und her.

Die Inszenierung von Regisseur Ryan McBryde belässt das Stück größtenteils in seinem historischen Kontext und versucht keine krampfhafte Modernisierung. Viel mehr verlässt er sich, zu Recht, auf die andauernde Relevanz des Werkes. Einzig Musikstücke, die im Burleseque-Stil entweder als Teil der Szene oder zur musikalischen Untermalung eingesetzt werden, werden etwas „aufgepeppt".

Insgesamt überzeugt die Produktion von The Ruling Class besonders durch das große schauspielerische Talent auf der Bühne des English Theatre Frankfurt. Man sollte allerdings schwarzen Humor mögen und, besonders im zweiten Akt, nicht allzu schreckhaft sein.

Bis zum 19. Oktober, immer Dienstag bis Sonntag, kann man The Ruling Class noch im English Theatre erleben.

Photo Credit: muthmedia GmbH



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