BWW Reviews: 'Hello, I'm Johnny Cash' Renaissance Theater Berlin

By: May. 18, 2012
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"Mein größter Feind bin ich." Dieses Zitat, dass auch sehr gut von Johnny Cash sein könnte, ist aus einem Interview mit Gunter Gabriel, welches Der Tagesspiegel mit ihm 2003 führte. Viel ist über den Sänger aus Westfalen geschrieben wurden. Die Parallelen zu Gabriel's großem Vorbild und Freund Johnny Cash sind manchmal erdrückend und liegen erschreckend nahe beieinander. Beide Männer hatten mit ihren Dämonen zu kämpfen (Alkohol und Drogen) und sind dagegen angegangen. Wenn der Vorhang des Renaissance Theaters aufgeht und Gabriel im einsamen Scheinwerferkegel nur mit Gitarre auf der Bühne sitzt, wird der Focus gleich gesetzt. Dieser Abend gehört Gabriel, der mit markant tiefer Stimme (und nicht ganz lupenreinen englisch) Cash's größte Hits zum Besten gibt. Volker Kühn, der u.a. schon erfolgreiche Marlene für Judy Winter bearbeitete, ist für Buch und Regie verantwortlich. Begleitet wird Gabriel, pardon Cash, von einer formidablen 4 köpfigen Band, unter der Leitung des wunderbaren Harry Ermer. die Bühne ist zugleich Konzertschauplatz und immer wieder gleitet der "Man in Black" in Erinnerungen ab und reflektiert Stationen und persönliche Erlebnisse seines Lebens. Das alles ist eine Mischung aus Konzert, Monolog und als Star Vehikel für Gabriel sehr effektiv und gut gemacht. Cash spricht davon er habe "ein Gefühl für Leute, die in der Scheisse sitzen" und spricht damit auch auf seinen legendären Auftritt im Gefängnis St Quentin an. "Ich war ganz schön weit unten" hört man ihn sagen und weiß sehr gut das dieser Satz auch 1:1 von Gunter Gabriel himself sein könnte. 

An der Seite von Gabriel ist Helen Schneider als June Carter zu sehen, die trotz (oder gerade wegen) ihres Alters immer noch agil, lebendig und mit fescher Langhaarperrücke, wie ein junger Wildfang auf die Bühne wirbelt.  Naürlich ist das immer noch Helen Schneider die June Carter singt und keine Sängerin oder Schauspielerin die ein naturalistisches Rollenportrait abliefert. Aber gerade deswegen sind Gabriel und Schneider auch so optimal besetzt. Sie tragen auch ein großes Stück von sich selbst in ihre Rollen und bleiben dabei stets überzeugend. Besonders berührend ist daher das Solo von Schneider gleich zu Beginn des zweiten Aktes (Bridge Over Troubled Water), bei dem sie von Ermer am Piano begleitet wird. Nach zahlreichen Musicalrollen wirkt die Schneider sehr entspannt, losgelöst und kommt (fast) ohne große, theatralischen Gesten aus.

Johnny Cash ist eine amerikanische Ikone. Jeder kennt seine Lieder, sein Leben wurde verfilmt und seine Stimme, schwärmte Bob Dylan, "schien aus dem Mittelpunkt der Erde zu kommen". Der Südstaaten Farmersohn fand seine Liebe zur Gitarre und zur Musik während seines Aufenthalts als US-Soldat in Deutschland. Johnny Cash, der 1953 in Landsberg am Lech, bereits seinen ersten Song geschrieben hatte, war Ende der 60er Jahr noch erfolgreicher als die Beatles. Hunderte Schallplattenaufnahmen weltweit beweisen die Ausnahmestellung des Musikers, der 1980 48-jährig als jüngster lebender Künstler die höchste Auszeichnung der Country-Music erhielt: die Aufnahme in die Country Music Hall of Fame. Sein Leben ist wie ein Roman: voller Höhen und Tiefen.

Als "Man in Black" wurde Johnny Cash zur lebenden Legende, der trotz tiefster Abstürze immer wieder einen Weg nach ganz Oben fand. Sein Leben war eine Achterbahnfahrt zwischen Weltruhm und Drogenabsturz, religiösem Eifer und Entzug. Ein Künstlerdasein zwischen Himmel und Hölle. Wenn er zur Gitarre griff und die Bühne betrat, gab er sich zu erkennen: "Hello, I'm Johnny Cash". Als er starb, trauerte die Musikwelt. 

Kühn inszeniert Gabriel als Cash gekonnt und setzt ihn optimal in Szene. Gabriel ist dabei ehrlich und authentisch und zieht am Ende des Stückes seine Perrücke mit den Worten "Hallo, ich bin Gunter Gabriel" von seinem Kopf. Das dann auch zum guetn Schluss Helen Schneider ohne Perrücke erscheint, lässt das Konzept von Kühn noch stimmiger erscheinen, da nun beide Darsteller wie ein auktorialer Erzähler eines Romans auf beide Figuren Johnny und June schauen können. Ein gelungener Abend, der begeistert und berührt!

Nach über 100 Vorstellungen und jubelnden Zuschauern, gastiert das Renaissance Theater diesen Sommer mit dem Stück in Hamburg.


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