BWW Reviews: 'Moskau Tscherjomuschki' Junge Staatsoper

By: May. 11, 2012
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In der Werkstatt der Staatsoper Berlin sitzt das Publikum aufgeteilt auf zwei Seiten mit der Bühne im Zentrum. Schostakowitsch's selten gespielte Operette "Moskau Tscherjomuschki" steht auf dem Programm. Ob Operette die richtige Bezeichnung für das Stück ist, ist ebenso fraglich wie die Deklaration als Oper oder musikalische Komödie. Die Musik erinnert stark an Filmmusik, aber auch an die Brecht Weggefährten Hanns Eisler oder Paul Dessau. Vielleicht trifft 'Singspiel' den Tenor des Stückes noch am besten.

Das interessante an dieser Inszenierung des Berliner Regisseurs Neco Çelik, der für seine Stuttgarter Arbeit „Gegen die Wand“, die Oper zum gleichnamigen Film von Fatih Akin, im letzten Jahr mit dem Deutschen Theaterpreis „Der Faust“ in der Kategorie „Kinder- und Jugend­theater“ aus­gezeichnet wurde, ist die Arbeit mit einem jugendlichen Ensemble. Ingesamt 22 Berliner Jugend­liche im Alter zwischen 14 und 20 mit Wurzeln u.a. in Polen, Russland, Kasachstan, Lettland und Moldawien sind im Chor als Besuchergruppe einer Ausstellung, als Bauarbeiter oder neue Nachbarn in Tscherjomuschki zu erleben. Jeder einzelne kann dabei überzeugen und schafft es mit Hingabe und großer Leidenschaft der "grauen Masse" ein individuelles Gesicht zu geben. Gesanglich sind alle, denn das kann man sehr gut hören, da man als Zuschauer extrem Nahe am Geschehen ist und teilweise auch mit in die Handlung integriert wird, erstaunlich gut für ihr junges Alter und verdienen absoluten Respekt für eine solche reife Leistung.

Die 1958 uraufgeführte musikalische Komödie erzählt von der Umsiedlung einer Gruppe junger Menschen in die Trabantenstadt Tscherjomuschki. Bei der Besichtigung der neuen Heimat begegnen sie bürokratischen Verwaltern, korrupten Beamten und zahlreichen Hindernissen auf dem Weg in ein neues Leben.

Schostakowitsch's Singspiel ist eine Sozialsatire, deren Details Regisseur Çelik gut herausarbeitet, teilweise aber auch etwas überstrapaziert. So ist seine Inszenierung vor allen Dingen im Zweiten Teil nach der Pause, eindeutig zu lang. Hier zieht die Handlung sich wie Kaugummi und die Tatsache das jede Figur im Stück ein eigenes Motiv hat macht es auch nicht besser. Schostakowitsch wiederholt und wiederholt und wiederholt seine Themen bis zum äußersten. So kann man als Zuschauer schon auswendig rezitieren welche Musik mit welchem Text nun folgt, abhängig der agierenden Personen. Und wenn ich persönlich eins nicht leiden kann, dann ist es unmotiviertes Spa­zie­ren­ge­hen auf der Bühne. Jede Figur braucht auch immer einen Grund und einen Antrieb sich von Punkt A zu Punkt B zu bewegen. Stellenweise ist es dem Regisseur und seinem Ensemble geglückt das zu beherzigen, stellenweise leider nicht. So bleiben viele Gänge ungefüllt und die Arbeit zu sehr auf Regietheater ausgelegt.

Besondere Aufmerksamkeit verdienen innerhalb der Hauptpartien die wunderbare Evelin Novak als Lido, die in Gesang und Schauspiel punkten kann, Michael Rapke als hoffnungslos Verliebter Sasha und Fritz Feilhaber, der mit starker Stimme Sergej Leben einhaucht. Kap-Sung Ahn ist dagegen als Boris weitgehend überfordert und bleibt während des Stückes auffallend unsympathisch , auch wenn er versucht den Klassenclown zu geben - ein Gefühl was sich besonders beim Schlussapplaus noch einmal bestätigt. "Bescheidenheit ist eine Tugend" spricht eine alte Weisheit. Wenn er jetzt schon den Habitus eines großen Stars an den Tag legt, ohne eine überzeugende Leistung abzuliefern, ist das leider sehr unangenehm und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.

Hervorragend und unbedingt erwähnt, müssen die beiden formidablen Leistungen der Tänzer Tamara Zeman und Marten Baum die wie eine Art Schatten von Lido und Boris immer wieder in das Geschehen eingreifen, beobachten und wunderschön tanzen. Das ist Ästhetik und formvollendete Perfektion. Bravo für diese Leistung und Kudos an Regisseur Çelik für diese Idee.

Musikalisch wird "Moskau Tscherjomuschki" von Musikern der Orchester­akademie und Mit­glieder der Staatskapelle Berlin begleitet die sehr gute Arbeit erledigen unter der Leitung von Ursula Stigloher. Großer Applaus für durchgehend sehr gute Solisten, hervorragende Tänzer und einen großartigen, frischen Chor.



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