Premierenreport: NEXT TO NORMAL eröffnet in Dortmund

By: Mar. 08, 2016
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Die Goodmans sind eine scheinbar typisch amerikanische Familie: Vater, Mutter, zwei pubertierende Kinder, gut situiert mit Häuschen in der Vorstadt und der üblichen Hektik am frühen Morgen. Erst auf den zweiten Blick zeigt sich, dass diese Familie keineswegs normal ist, dass sie sich vielmehr verzweifelt um Normalität bemüht und dabei droht auseinanderzubrechen. Denn Mutter Diana ist psychisch krank. Sie leidet unter einer bipolaren Störung - und ihre Familie mit ihr.

Als NEXT TO NORMAL 2008 am New Yorker Broadway uraufgeführt wurde, war die Sensation perfekt: Zwar ist auch in der Gattung Musical längst nicht mehr alles nur reine Unterhaltung, doch nie zuvor wurde das sensible und auch bei uns immer noch tabuisierte Thema der psychischen Erkrankungen so realistisch, einfühlsam und intensiv auf der Musiktheater-Bühne gezeigt. Es war das erklärte Ziel der beiden Autoren Brian Yorkey und Tom Kitt, dass das Publikum nicht nur zuschauen, sondern auch mitfühlen sollte. Dies ist ihnen gelungen durch ein gut recherchiertes, zuweilen irrwitziges Libretto, das Tom Kitt nahezu vollständig durchkomponiert hat. Er verknüpft dabei virtuos verschiedene Musikstile und sorgt dafür, dass man trotz der Ernsthaftigkeit des Stoffes immer mal wieder befreit lachen darf.

„Normal" wird das Leben der Goodmans sicherlich nie sein, aber ob sie einen Weg finden, mit der Krankheit umzugehen, davon erzählt Fast Normal. Die emotionale Kraft von Handlung und Musik begründet den immensen Erfolg des Musicals, das in Dortmund in einer Inszenierung von Stefan Huber (Funny Girl) zu sehen ist. Die Premiere fand am vergangenen Samstag zu gemischten Kritiken statt, wahrend das Publikum mit minutenlangem Schlussapplaus seine Begeisterung zum Ausdruck brachte. Weitere Vorstellungen laufen noch bis Mitte Juni.

Hier einige der Pressestimmen:

Julia Gaß (Ruhrnachrichten): "...Das beginnt damit, dass das Genre Musical nicht zum Thema passt. Dieses Problem hatte offenbar auch der Komponist. Seicht dahin plätschernden 90er-Jahre-Pop, gelegentlich mit Rock- und Jazz-Anklängen [...] Bei dieser Musik können die sechs Musicaldarsteller im Opernhaus Dortmund auch nie zeigen, was sie wirklich können. Rob Fowler zumindest, der den Vater singt, hat man in Dortmund [...] schon viel präsenter erlebt. Und auch Maya Hakvoort, die Mutter, wird besser singen können, als man es hier hören konnte. [...] Toll ist in der zurückhaltenden Inszenierung von Stefan Huber mit meist hilflosen, banalen Choreografien von Danny Costello das Bühnenbild von Timo Dentler und Okarina Peter. Das ist raffiniert, lässt in mindestens vier Zimmer auf zwei Etagen blicken..."

Westfälischer Anzeiger: "...Im Dortmunder Opernhaus inszeniert Stefan Huber die 150 Minuten mit namhaften, starken Darstellern und viel Tempo. Trotzdem ist „Next to normal" langatmig, uninteressant und verblüffend harmlos. [...] Diese Familienaufstellung birgt bestürzende Momente, doch werden die gleich eingelullt, als würde die nächste Pille eingeworfen: Nahezu pausenlos plätschert die Musik, vor allem Piano-Pop mit Hang zur pathetischen Ballade [...] Den engagierten Musikern und Sängern ist nicht anzulasten, dass die üblichen, gefälligen Genre-Standards einfach nicht zum Inhalt passen..."

Arnold Hohmann (Der Westen): "...Das fast völlig durchkomponierte Musical von Tom Kitt und Texter Brian Yorkey entfaltet seinen Schwung und seine Dynamik un­ter der Regie von Stefan Huber auch am Dortmunder Haus. Natürlich mag da manches vorgegeben sein, dennoch hat man den Eindruck, dass Huber hier auch Akzente setzt. [...] Das Stück ist düster, keine Frage. Aber das ist Webbers „Phantom der Oper" auch, nur mit dem Unterschied, dass dort musikalisch auf der Stelle getreten wird. In „Next to Normal" jedoch gibt es Töne für jede Seelenlage, ist die formidable sechsköpfige Band (Leitung Kai Tietje) mit allem ausgestattet, was Rock, Pop, Country, Jazz und gelegentlicher Schmalz so brauchen. Variationsvielfalt ist denn auch dringend nötig in dieser Familie..."

Zum Schluss haben wir noch einige visuelle Eindrucke von NEXT TO NORMAL an der Oper Dortmund.

Foto Credit: Bjoern Hickmann



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