BWW Exclusive Interviews: Daniela Ziegler

By: Jun. 01, 2012
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Es ist ein schöner sonniger Tag in Berlin. Ich bin mit Daniela Ziegler in einem kleinen Café in Charlottenburg verabredet. Sie kommt mit dem Fahrrad - ganz schön sportlich. Daniela Ziegler ist charmant, sieht blendend aus und plaudert mit mir offen und herzlich über ihre lange Karriere. Sie ist eine Frau mit vielen Facetten und hat eine lange, erfolgreiche Vita an TV, Film und Theaterprojekten vorzuweisen, ist Schauspielerin und Musicaldarstellerin mit Leidenschaft. Wir konzentrieren uns im Gespräch "nur" auf ihre Musicalrollen und reden beinahe zwei Stunden. Es gibt viel zu erzählen, verkörperte die Ziegler doch so illustre und unterschiedliche Charaktere wie Eva Peron, Velma Kelly, Norma Desmond und ab September die Erzherzogin Sophie in "Elisabeth", Harry Kupfers Jubiläumsinszenierung zum 20. Geburtstag des Musicals. Daniela Ziegler spricht über ihre Rollen, Glücksmomente im Theater, Pannen auf der Bühne und warum sie keine Auditions mehr macht.

MK: Musical und Theater. Beides Stichworte die bislang in Interviews mit Ihnen etwas stiefmütterlich behandelt worden. Sie haben viel fürs Fernsehen gedreht und mit tollen Leuten zusammengearbeitet, in erster Linie aber sehr viele interessante Rollen auf der Bühne verkörpert wie z.B. 1981 "Evita". 

DZ: Das war eine ganz verrückte Geschichte. Ich hab damals Audition gemacht für die deutschsprachige Erstaufführung von "Evita" in Wien und dann hieß es: 'Zu 99% sind Sie eine der beiden Besetzungen.' Dann jedoch hörten wir lange nichts mehr und dann rief meine Agentur damals bei Herrn Kutschera (damaliger künstlerischer Leiter des Theaters an der Wien) an und dann sagte er 'Ach nein, doch nicht. Wir haben uns für jemand anderen entschieden.' Das war eine große Enttäuschung. Ich habe dann eine Fernsehfassung von "Die Gerechten" von Camus gedreht und erhielt wenig später einen Anruf von Herrn Kutschera: 'Sie müssen dringend kommen, weil wir haben uns geirrt, Sie müssen unbedingt Evita spielen.' Und ich hab ihm gesagt. 'Tut mir leid, jetzt bin ich nicht mehr frei, denn ich mache etwas anderes.' So ist also die wirkliche Uraufführung an mir vorüber gegangen, aber dann passierte ja dieses Ereignis bei der Wiederaufnahme, zwei oder drei Jahre später. Isabel Weicken wurde zusammen geschlagen und zwar von einem engagierten Schläger, Liebhaber und Agent der Zweitbesetzung. Ich bekam wieder den Anruf, dass war nämlich genau zur Hauptprobe: 'Frau Ziegler, können Sie jetzt kommen?' Und da hatte ich Zeit und habe dann natürlich gesagt das ich komme. Harold Prince hatte mich inzwischen für Deutschland ausgewählt, denn "Evita" kam dann ja nach Berlin und München. Ich war die erste deutsche Evita. Das war also schon klar, aber für Wien war ich nicht vorgesehen.

Dann fuhr ich nach Wien und es hieß: 'In zehn Tagen haben Sie Premiere.' Und ich sagte: 'Wie in zehn Tage habe ich Premiere? Ich kenne doch das Stück gar nicht. Ich habe es nie gesehen.' Ich kannte nur die beiden Songs die ich vorgesungen habe. Und dann habe ich wirklich in zehn Tagen das ganze Stück gelernt. Mit allem was dazu gehört: mit der Choreographie, mit sämtlichen musikalischen Nummern...mein elfter Probetag war meine Premiere. Das war wirklich eine Feuertaufe! Da habe ich gedacht: ab jetzt kann mir nichts mehr passieren.

MK: Unglaublich, gerade weil "Evita" ein echter Kraftakt ist. Das einzige Lied, in dem Sie nicht auf der Bühne waren, war "Another Suitcase In Another Hall".

DZ: Genau und bei Che's Rocknummer, da ist sie auch nicht auf der Bühne. Ich wurde morgens um 9 Uhr aus dem Hotel abgeholt und meine letzte Aufgabe war, jeden Abend die Vorstellung anzuschauen. Ich war rund um die Uhr beschäftigt. Die Intendanzsekretärin hörte mich Text ab, sämtliche Creatives waren um mich herum und haben mich geknetet. Aber es war natürlich toll: es war intensivst und eine tolle Erfahrung. Die Premiere war dann ein Riesenerfolg und Kutschers rief bei Viebach (damaliger Intendant des Theater des Westens) in Berlin an und sagte: 'So nun ist es passiert. Heute hat die Evita zum ersten Mal mehr Applaus bekommen als der Che.'

MK: War damals Andrew Lloyd Webber vor Ort?

DZ: Nein, ich habe nur mit Hal Prince gearbeitet. Webber habe ich erst bei "Sunset Boulevard" kennen gelernt und ich habe ihm dann auch die "Goldene Kamera" überreicht. Evita ist ein tolles Stück, nach wie vor. Ich habe es mehrere Male mit diversen Kolleginnen gesehen. Ich war dann auch in New York, dort gab es, glaube ich, die 100. Vorstellung die gefeiert wurde und sämtliche Erstbesetzungen waren geladen. Wir feierten im Studio 54 und es war richtig toll. Dort war auch Patti LuPone. Sie und ich waren bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, die einzigen die sowohl Eva in Evita, Maria Callas in "Master Class" wie auch Norma in "Sunset Boulevard" in Erstbesetzung gemacht haben. Das fand ich schon sehr aufregend.

MK: Sehr spannend ist auch ihre Rolle der Velma Kelly in "Chicago". Sie haben die Rolle 1985 in Hagen gespielt, noch vor dem populären Revival.

DZ: Ja, eine Stadttheater Inszenierung die ziemlich gut war in Hagen. Doris Bierett war Roxie (singt) 'Foxy, Roxie Hart'. Damals hieß es ja Hagen sei der Broadway der Provinz. Jedes Jahr gab es dort einen Musicalcontest, zu dem immer mehrere Theater eingeladen worden. Dann haben diese ihre Inszenierungen gezeigt. Wirklich sehr interessant.

MK: Leider haben immer noch viele Stadttheater Berührungsängste mit dem Thema Musical. Es gibt sogar einige Intendanten, die dieses Genre nicht als Kunstform ansehen.

DZ: Das ist blöd zu sagen es sei keine Kunstform, weil Musicaldarsteller müssen soviel mehr können als "nur" ein Schauspieler oder "nur" ein Sänger - wenn sie richtig gut sind. Sie müssen spielen können, singen können und im besten Fall auch noch tanzen können. Immer ist eins dieser drei nicht vorne dran, aber es als "Nicht-Kunstform" zu bezeichnen, empfinde ich als Missachtung.

MK: Gibt es Kollegen im internationalen oder nationalen Bereich die sie gut finden und mögen?

DZ: Ja diese "alten Damen", wie ich mich selber auch bezeichne, z.B. Patti LuPone die eine tolle Frau ist, Elaine Paige ist toll, Maria Friedman fand ich in Sondheim's "Passion" großartig und bei den Männern natürlich Michael Ball. In Deutschland gibt es mittlerweile auch viele, aber vor allem viele Holländerinnen die hervorragend sind.

MK: 1991: "Follies" von Stephen Sondheim. Ich persönlich finde das Helmut Baumann, der damalige Intendant des Theater des Westens, seiner Zeit um Lichtjahre voraus war. Was er für das Genre Musical in Deutschland geleistet hat war phänomenal.

DZ: Ja das war auch wirklich eine ganz tolle Zeit. Angefangen habe ich am Theater des Westens mit "Evita", dann kam "Anatevka" mit Wolfgang Reichmann als Tevje, eine wunderbare Arbeit mit ihm. Dann habe ich die Jenny gesungen in "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagony" in Zusammenarbeit mit der Deutschen Oper. Und dann kam nach einer Zeit "Follies" und dann noch "Nine", die letzte Inszenierung von Helmut Baumann am Theater des Westens, in der ich einen Monat als Stargast die Rolle der Liliane LaFleur gespielt und die wunderbare "Folies Bergère" Nummer gesungen habe...

MK. ..die Rolle die Judi Dench in der Verfilmung von "Nine" gespielt hat...

DZ: Ja, aber Judi Dench im Film ist eine Kostümbildnerin und im Original ist es die Produzentin. Es ist also eine recht große Verschiebung. Aber das Theater des Westens... Baumann hat einfach für das Musical in Deutschland viel gemacht. Er hat alles hergeholt und neu inszeniert, selbst neue Dinge entwickelt. Es war eine tolle Zeit, die nicht diktiert war von diesen geklonten, großen Dauerrennern die nur noch die Städte wechseln, aber alles bleibt gleich.

MK: Es bleibt ein austauschbares Produkt.

DZ: Genauso ist es!Das war am Theater des Westens nicht der Fall. Es ist schade das es so was in Deutschland gar nicht mehr gibt.

MK: Für die 90er Jahre war die Entscheidung Sondheim zu machen und "Follies" herauszubringen wirklich sehr innovativ.

DZ: Sondheim wird ja leider kaum gespielt. Ich liebe Sondheim! Ich habe in Braunschweig mit Brigitte Fassbaender "A Little Nicht Music" gemacht und die Desiree gespielt. Ich liebe das! Es ist sehr schön das eine klassische und international berühmte Sängerin und Regisseurin wie Brigitte Fassbaender, Musical liebt und schätzt. An ihrem Theater in Innsbruck hat sie immer Musicals gemacht. Ich wollte immer mit Kollegen "Side By Side By Sondheim" machen, aber es hat niemanden interessiert.

MK: Wirklich? Sehr schade! Gibt es noch weitere Traumrollen und Projekte im Bereich Musical?

DZ: Ich würde sehr gerne den Conférencier in "Cabaret" spielen. Die deutschsprachige Erstaufführung in Wien war mit einer Frau: Blanche Aubry, eine wunderbare Schauspielerin. Das würde ich auch mal sehr gerne machen. Ich finde das passt auch in die Zeit, dass so ein alter Kabarett Hase, eine bisschen ausgelatschte Frau ihre Nummern abliefert. Wunderbar, aber hat bisher keiner gewagt. Dann hätte ich gerne "Mame" gespielt, aber das macht auch keiner. Ach da gibt es noch so einiges... Mrs Lovett in "Sweeney Todd" zum Beispiel.

MK: Um noch einmal auf "Follies" zurückzukommen. Die Besetzung damals war ja unglaublich. Eartha Kitt! Brigitte Mira! Die Kessler Zwillinge! Da gibt es doch bestimmt einige Geschichten zu..

DZ: Oh ja, da gibt es jede Menge, vielleicht auch welche, die man besser nicht erzählt. Aber seit dieser Zeit bin ich mit Alice und Ellen Kessler befreundet und immer geblieben, mit Vicki Hall, die Zweitbesetzung war für Renate Holm, Eartha Kitt ist ja leider nicht mehr unter uns, Biggi Mira auch nicht. Mit Biggi war das auch eine große Freundschaft über diese Zusammenarbeit, Margot Hielscher war auch dabei. Aber was vollkommen unverständlich ist, und da hat Helmut Baumann wirklich was versäumt, dass er von dieser Aufführung keinen professionellen Mitschnitt gemacht hat oder eine CD. Weil diese Leute auf einem Haufen das war unglaublich! Davon kein Dokument zu haben...das habe ich überhaupt nicht verstanden. Sehr schade, denn es war eine tolle Sache. Nach wie vor auch schwierig für das Publikum. Die Aufnahme des Publikums ist sehr unterschiedlich, es gibt totale Fans und Menschen die die Musik nicht mögen, weil sie ihnen zu "künstlich" ist.

MK: Aber die Produktion war damals ein durchschlagener Erfolg?

DZ: Ja! Es war ein großer Erfolg. Maury Yeston, der "Nine" komponiert hat und auch "Titanic", ist auch ein Komponist, der schwierig zu rezipieren ist. "Nine" ist eine tolle Geschichte nach dem Fellini Film und ich habe die Show damals 1982 in New York gesehen mit Raul Julia. Das war einfach hinreißend, auch mit dem ironischen Blick auf Deutschland. Und die Bühne war komplett in weiß und schwarz.

MK: "Der blaue Engel" hatte 1992 Premiere in Berlin. Hellmuth Karasek schrieb damals von einem "Misserfolg, der böse in die Grütze" ging. Ute Lemper hat damals extrem viel negative Kritik einstecken müssen.

DZ: Also in Berlin lief "Der blaue Engel" überhaupt nicht, in Hamburg haben wir dann damit im Schauspielhaus gastiert und da war es ein Erfolg. Ich bin eingestiegen als Ute Lemper krank wurde. Ich habe es nicht von Anfang an gemacht, sondern ich habe dann die Rolle von Eva Mattes übernommen. Ich war dann die Gusto und Eva Mattes die Lola. Dann habe ich aber auch mit Ute gespielt, als sie wieder zurück kam. In Hamburg war das ein Riesenerfolg, ganz merkwürdig. Es ist ja oft so, dass gerade die beiden Städte Berlin und Hamburg unterschiedlichen Geschmack haben.

MK: Glauben Sie, das vielleicht auch die Kritiker für den Flop der Produktion verantwortlich waren, die wollten das "Der blaue Engel" ein Misserfolg wurde?

DZ: Das kann schon sein. Durchaus.

MK: Weil gerade Ute Lemper damals als "Fräuleinwunder" und "neue Dietrich" gehypt wurde.

DZ: Aber das ist doch so was typisch deutsches! Erst wurde sie gehypt und wenn man dann oben ist, muss man aufpassen das man nicht dauernd eins mit der Bratpfanne auf den Kopf bekommt und wieder platt gemacht wird. Ute hat das Glück gehabt, dass sie nach Frankreich gehen konnte , nach Paris um die Sally Bowles in "Cabaret" zu spielen und von dort aus dann ihre Karriere gestartet hat. England, Österreich und Frankreich alles Länder sind, die ihre Künstler schätzen, lieben und entsprechend umsorgen und nicht versuchen sie kaputt zu machen. Ute Lemper ist einfach eine wahnsinnig begabte Frau. Helmut Baumann hat mit ihr und Nicole Heesters die Weill Revue gemacht am Theater des Westens., während ich parallel die Jenny "Mahagonny" gesungen habe. Da habe ich Ute erlebt. Sie war immer mit mit Musik beschäftigt, auch in der Kantine. Sie hat einfach gearbeitet wie blöd. Sie war fleißig, ehrgeizig und hatte eine Vision - und die hat sich erfüllt. Das sie Fehler gemacht hat mit der Presse und verheizt worden ist, mag alles sein, aber sie so zu demontieren fand ich überhaupt nicht gut.

MK: "Sunset Boulevard" ist ein großes Thema. Als ich Kollegen und Freunden von einem Interview mit Ihnen erzählt habe, haben viele gesagt: 'Daniela Ziegler ist meine deutsche Lieblings Norma.'

DZ: Das freut mich sehr!Norma ist einfach eine tolle Rolle. Und das ist z.B. eine Musicalrolle, wo man natürlich punkten kann wenn man vorrangig Schauspieler ist. Vom schauspielerischen her konnte ich viel einsetzen und das tut dieser Rolle natürlich sehr gut. Bei "Evita" und "Victor/Victoria" war das auch so. Im Prinzip bei allen Stücken die auch eine Geschichte haben, wo der Charakter auch Wandlungen durchläuft, da ist es gut wenn es ein Schauspieler ist. Tanzmusicals kann ich z.B. nicht machen. Das ist mein Pferdefuss, dass kann ich nicht so gut und dadurch fallen natürlich auch verschiedene Stücke für mich aus.

MK: Wie hat der Weg mit "Sunset Boulevard" begonnen? Bekamen Sie einen Anruf?

DZ: Genau, ich wurde angerufen damals für die deutschsprachige Uraufführung. Ich sollte doch bitte kommen, aber es müsste klar sein, dass ich mich mindestens für ein Jahr verpflichte. Das habe ich daraufhin abgelehnt, weil ich mich dann zu lange aus dem TV Geschäft hätte zurück ziehen müssen. Ein halbes Jahr ja, aber dass wollten sie nicht und deshalb bin erst gar nicht hin. Dann kam nach einem Jahr oder Dreiviertel Jahr wieder die Anfrage. Ich gesagt, wenn es kürzer ginge, dann können wir das probieren. Wir sind nach London geflogen und dort habe ich mit Trevor Nunn (Regisseur von "Sunset Boulevard") gearbeitet. Ich habe gesagt ich mache keine normale Audition, aber dazu habe ich noch eine Geschichte zu erzählen. Ich habe zu Nunn gesagt, ich möchte das alle anderen rausgehen und nur er und der Pianist bleiben. Ich möchte nichts vorführen müssen. Das war es und er hat sofort ja gesagt.

MK: Trevor Nunn ist ja auch ein großartiger Regisseur.

DZ: Ja absolut. Das war sofort eine sehr gute Zusammenarbeit bei diesem Treffen. Daraufhin habe ich die Rolle bekommen und war die Erstbesetzung nach Helen Schneider und habe das acht Monate gesungen. Ich habe wirklich noch die 'Speckzeiten' mitbekommen. Das Musical wurde ja auf der ganzen Welt zurückgezogen. Ich glaube zuerst in Australien, dann England, Amerika und zuletzt Niedernhausen. Es war eindeutig der falsche Ort für diese Show. Das mitten in die Pampa zu setzen und nichts drumherum zu haben, ist absolut absurd. Aber zu dieser Zeit, als ich dazu kam, war es zwar schon in der Schwebe wie es in in Zukunft weitergehen sollte, aber wir wussten nichts davon. Die haben mich noch engagiert ohne was davon zu sagen. Und dann sollte plötzlich drei Monate später Schluss sein. Das fand ich ziemlich schräg, aber das tolle war in dieser Zeit gab es die zwei für eine Ticketaktion. Man hat eine Karte gekauft und zwei bekommen, bedeutet das Theater war jeden Abend voll. Es hat immer gedampft. Uwe Kröger und ich hatten wirklich eine ganz tolle Zeit, bis wir dann am selben Tag aufgehört haben. August 1997. Das war ein Abend, den ich mein ganzes Leben nicht vergessen werde. Das Publikum und die Fans haben uns in einer Art und Weise gefeiert.. das war grandios! Nach dem Schlussapplaus haben wir dann nochmals "Ein gutes Jahr" gesungen und getanzt. Das hatten wir mit dem Dirigenten abgesprochen. So etwas ist eigentlich gar nicht erlaubt bei den großen West End und Broadway Musicals. Die haben ja ganz strikte Regeln: wenn der Vorhang runtergeht, dann geht der auch nie mehr hoch, da kann das Publikum noch eine halbe Stunde lang klatschen. An diesem Abend jedoch haben wir sie ausgetrickst (lacht). Das war ganz toll!Wie das Publikum während der Show reagiert hat, war einfach unglaublich.

MK: Ja die Applausordnung bei großen Shows ist schon sehr knapp: einmal verbeugen und das war es dann. Besonders augenmerklich bei Großproduktionen wie z.B. "Wicked". Als Zuschauer hat man ja auch eine gewisse Energie die raus muss.

DZ: Ja ich verstehe das auch nicht. Das ist sogar bei Shows von großen Stars so. Die haben auch ihren bestimmten Ablauf der Applausordnung, wo dann nochmals was gesungen wird und wenn das vorbei ist, ist auch Schluss! Die kommen dann auch nicht nochmals.

MK: Waren Sie 2007 beim Barbra Streisand Konzert in Berlin? Da ist sie ja wirklich nochmals auf die Bühne gekommen, nach der geplanten, letzten Zugabe.

DZ: Ja ich war bei dem Konzert. Stimmt! Das war wirklich eine absolute Ausnahme, ganz ungewöhnlich.

MK: Es gibt eine 3 Track Single von "Sunset Boulevard" die Sie aufgenommen haben..

DZ: ...und dafür musste ich hart kämpfen, denn die CD sollte dann plötzlich nicht mehr aufgenommen werden, da das Musical ja geschlossen werden sollte. Da habe ich wirklich gekämpft wie eine Löwin, dass das noch zustande kam. Das war der einzige Tag an dem ich mal nicht gespielt habe. Ich war nie krank, Gott sei Dank. Ich hatte meine 14 Tage Urlaub, die mir zustanden. Ansonsten habe ich jede Vorstellung gespielt, bei der ich angesetzt war. Eine allerdings nicht, weil ich eine Art Nervenzusammenbruch hatte. Das war so ein harter Kampf um diese kleine CD. Ich hatte niemanden der das für mich machte, ich musste das selber durchkämpfen. Da war ich an einem Tag völlig fertig. Ich habe gezittert und geheult, konnte nicht singen.

MK: Dann aber Chapeau das sie es durchgesetzt haben und wir die Aufnahme als Zeitzeugnis haben. Eine großartige Arbeit.

DZ: Ich finde es auch sehr schön, denn sonst gäbe es gar nichts.

MK: Wäre es für Sie interessant die Rolle der Norma Desmond noch einmal zu spielen mit einem Abstand von 15 Jahren?

DZ: Ja, Norma würde ich sofort nochmals spielen.

MK: Die Rechte sind frei und Stadttheater wie z.B. Magdeburg und Braunschweig spielen "Sunset Boulevard." 2011 stand es in Bad Hersfeld auf dem Spielplan.

DZ: Bad Hersfeld war toll. Das habe ich dort gesehen. Zuerst konnte ich es mir gar nicht vorstellen und ich habe mich gefragt wie die das Open Air wohl hinbekommen.

MK: Ich fand das war ein brillantes Regiekonzept von Gil Memmert.

DZ: Ja hervorragend!Wirklich toll!Helen Schneider war großartig.

MK: Robin Hood in Bremen..

DZ: (unterbricht charmant)... Sie haben "Victor/Victoria" vergessen (lacht). Das war auch eine sehr schöne Produktion mit Ernst Stankovski als Toddy. Wir waren glaube ich, ein ganz gutes Paar. Wir mussten uns erst annähern, weil er schauspielerisch aus einer ganz anderen Ecke heraus arbeitet als ich. Wir hatten unglaublich viel Spaß miteinander. Das war auch ein ziemlicher Erfolg, sowohl in Karlsruhe wie auch am Deutschen Theater München. Das ist auch eine tolle Figur. Dieser Wechsel von Frau zu Mann zu Frau. Das fand ich wunderbar zu spielen. Das hat mir sehr sehr gefallen. "Robin Hood" habe ich angenommen, weil ich damals eine große Pause vom Musical hatte. Nach fünf Jahren habe ich gedacht: Ach ja. Dann habe ich die Rolle der Lady Isabelle gespielt, die es ja so eigentlich gar nicht gibt in der Robin Hood Geschichte, aber es war nicht so wirklich mein Ding. Es war ein nettes Ensemble, wir hatten Spaß miteinander. Ich habe es in Bremen und München gemacht, aber nicht in Berlin, weil ich wusste dass es in Berlin nicht funktionieren würde. Ich habe es mir angeschaut, bin hingegangen und die Kollegen besucht.

MK: Gab es anschließend noch eine Musicalproduktion, oder kam direkt "Sister Act"?

DZ: (überlegt) Nein es gab wieder eine Pause von fünf Jahren und dann kam die Anfrage ob ich vielleicht Lust hätte die Mutter Oberin in "Sister Act" zu sein. Das ist nun nicht so eine große Rolle und sie hat nur ein Lied und eine Reprise und das für einen ganzen Abend. Dann war ich zuerst etwas abgeneigt und dann hab ich aber gedacht: 'Moment, was willst du eigentlich? Du willst mit Musik arbeiten, jetzt kannst Du mit Musik arbeiten. Das du nicht jünger wirst weißt du auch und dass es keine Hauptrollen mehr in deinem Alter gibt, außer z.B. "Sunset Boulevard", dann mach das doch jetzt.' Dann habe ich zugesagt.
 
MK: Hat ja auch wunderbar gepasst.

DZ: Ja und es war dann auch eine ganz wunderbare Erfahrung weil wir uns wirklich so gut verstanden haben. Ich meine mit soviel Frauen auf einer Bühne, auf einem Haufen das kann ja auch ganz schön schief gehen. Aber das war überhaupt nicht der Fall, es war ganz toll und vielleicht hat es auch damit zu tun das die Figur der Mutter Oberin eine Frau ist, die alles zusammen hält . Sie muss ihren Stall von Nönnchen sozusagen ganz schön bei der Stange halten, wenn da dieses "Ungewitter" in Form von Delores auftaucht und alles durcheinander bringt. Vielleicht hat sich da etwas von der Rolle übertragen auf die ganze Situation, weil wir waren wirklich eine tolle Gemeinschaft und ich habe auch eine große Achtung und auch Liebe von meinen Mitspielerinnen empfunden, muss ich wirklich sagen. Wirklich schön. Und es ist mir dann ganz schwer gefallen die letzte Vorstellung zu spielen (lacht). Wir haben schon eine Woche vorher immer geheult. Dann war die letzte Vorstellung mit Zodwa Selele, die wir beide verheult haben und die allerletzte die ich mit Patricia Meeden gespielt habe, die ja so eine kleine, harte, zackige 'Nummer' ist, sie ist auch wunderbar. Da hatten wir auch unsere sentimentalen Momente, aber da haben wir mehr kleine Extempores gemacht. Die Mädels haben sich unglaubliche Sachen für mich ausgedacht. Dadurch habe ich eigentlich mehr lachen müssen, als das ich weinen musste. Es war ein richtig schöner Abschied.

MK: Sie haben also zwei Abschiede erlebt: einmal den emotionalen und einmal den augenzwinkernden...

DZ: Genau. Zum Schluss, da gehen die Schwestern ja nochmals raus wenn diese Tanznummer kommt, dann kommt Mutter Oberin auch und macht ein paar Schrittchen und macht immer das nach was Delores ihr vormacht. Und Patricia, dieses Aas, legt sich auf die Erde und macht drei Liegestützen. So schnell kann man ja gar nicht überlegen. Die Choreographie muss ja weitergehen. Also was hab ich gemacht? Auf die Erde und drei Liegestütze! Ich bin sogar wieder hoch gekommen. Das war das einzige was ich dachte: 'Oh Gott, wenn ich jetzt nicht wieder hoch komme!' (lacht). Das ganze Ensemble hinter uns hat geklatscht , sehr schöne Erinnerungen.

MK: Bei der Premiere war auch Whoopi Goldberg dabei. Hat sie bei den Proben auch vorbeigeschaut?

DZ: Nein, bei den Proben war sie nicht, Aber ich war in London und hab mir dort die Vorstellung angeschaut mit ihr als Mutter Oberin. Das war natürlich die 'Whoopi Goldberg Show'. Der Fokus ging total auf sie, aber es war sehr lustig auch hinterher. Wir haben in der Garderobe zusammen gesessen und uns gut unterhalten, auch über Sachen die mit Theater nichts zu tun haben. Als sie dann nach Hamburg kam und auf der Bühne am Ende neben mir stand sagte sie: "Hey, you did a good work."

MK: Gibt es bestimmte Pannen auf der der Bühne an die sich erinnern?

DZ: Oh ja die gibt es. Man vergisst z.B. den Text, setzt falsch ein und muss sich da irgendwie raus retten. In "Sunset Boulevard." gab es diese Beauty Szene "Ein bisschen Leiden" und Joe kommt, Norma fragt ihn aus, weil sie weiß das er ein Verhältnis hat und ich wußte nichts mehr!Uwe Kröger erzählt das auch immer gerne. Ich wußte nicht was ich ihn fragen sollte. Keine Ahnung! Und Uwe dachte ich prüfe ihn jetzt. Die erfahrene Schauspielerin, die ihren jüngeren Kollegen mal so richtig auf die Probe stellt. Ich hab immer nur gesagt: 'Und dann? Und was war dann?' Und er musste eigentlich meinen ganzen Text sagen. Das hat er auch gemacht, bis zu einem Moment wo er sich umdrehen musste und wir uns anschauen konnten. Da hat er in meine total leeren Augen geschaut und gesehen das da nichts war.

MK: Von der Kollegin kommt nicht mehr viel.

DZ: (lacht) Von der Kollegin kommt nichts, kam nichts und wird auch nichts kommen (lacht). Also das ist z.B. etwas da stirbst du tausend Tode. Bei der Premiere von "Follies" fiel mir der Text nicht ein bei meinem Lied "Fortgehen, fortgehen.." Unten Rolf Kühn dirigiert das Intro im Dreiviertel Takt und ich stehe da und Rolf Kühn schaut. Ich hörte von der Bühnenseite etwas, konnte aber nichts verstehen. Helmut Baumann hat mir dann erzählt das er und Jörg Burth (Co-Regisseur und Choreograf der Produktion), die beide oben in der Loge saßen, dachten: Was ist jetzt los? Fällt sie ihn Ohnmacht oder was ist? Und plötzlich war ich wieder drin und habe gesungen als wäre nichts passiert. Es waren ungefähr sechs Zeilen die fehlten. Rolf Kühn sagte dann später: 'Ich wusste nicht soll ich aufhören, fangen wir nochmals an oder machen wir einfach weiter?' Leute die im Publikum saßen und auch schon eine Probe gesehen hatten waren irritiert. Eine mir befreundete Pianistin sagte: 'Warum habt ihr denn dieses Vorspiel so verlängert? Das muss aber nicht sein' (lacht). Wir haben nicht das Vorspiel verlängert, ich konnte ganz einfach meinen Text nicht. Sie hat es nicht gemerkt. Da muss also so eine Spannung gewesen sein, trotz alledem, das es funktioniert hat! Ich habe nicht nachgelassen, ich habe nicht ausgelassen. Ich bin in der Figur geblieben und irgendwann war es wieder da. Solche Sachen passieren.

MK: Sie erzählten zu Beginn unseres Gesprächs, dass sie keine Audition mehr machen und das es dazu noch eine eigene Geschichte gibt.

DZ: Ja, ich mache keine Audition mehr seit "Cats" in Wien, damals für die Originalproduktion, ist lange her. Wie gesagt, ich hatte "Evita" gemacht in zehn Tagen. Ich wurde eingeladen zur Audition für die Rolle der Grizzabella. Ich sollte den normalen Ablauf mitmachen und kam auf die Bühne und, ich habe immer Lampenfieber und bin furchtbar aufgeregt auch vor Vorstellungen. Aber da in Wien ging gar nichts mehr. Meine Knie haben gezittert, ich konnte kaum stehen, ich war wie zugeschnürt. Es war wie eine Art Schock. Ich habe drei Zeilen gesungen, dann kam die Choreographin Gillian Lynne nach oben gerannt, sie hat die Audition abgenommen, schüttelte mich und klopfte mir die Wangen (lacht). Dann habe ich es nochmals probiert, aber es ging nicht und dann haben sie mich abends gebeten zu einer Arbeitsprobe zu kommen. Ich habe gesagt: 'Klar ich mach das. Tut mir leid, ich weiß nicht was da los ist.' Ich hatte einen Metallgeschmack im Mund vor lauter Adrenalin, ich weiß das noch ganz genau. Ich musste abgehen und an der Seite saßen die Kolleginnen die eingeladen waren. Es war eine furchtbare Situation. Abends haben wir dann gearbeitet und das fanden sie auch toll. 'Timbre der Stimme ideal, Typ ideal, alles bestens, aber wir glauben nicht sie nervlich in der Lage ist jeden Abend diese Rolle zu singen.' Wenn ich nervlich in der Lage bin eine Rolle wie Evita in zehn Tagen auf die Bühne zu bringen dann ist Grizabella ein Klacks. Aber etwas gutes hatte es: Angelika Mister und André Bauer, der der musikalische Leiter war, bei den beiden hat es sofort gefunkt und sie sind heute noch verheiratet. Seit dieser Erfahrung hab ich gesagt: Schluss, keine Audition mehr. Wenn mich jemand will, dann möchte ich gerne arbeiten und das man sich kennenlernt das ja, aber nicht diese "Nummer 23, bitte." Wenn man darauf nicht eingeht, dann habe ich halt Pech gehabt. Aber bei den Projekten die ich gemacht habe, da war es so das ich immer das Angebot bekam von der anderen Seite. Ich habe mich nicht beworben. So hat man dann natürlich eine bessere Ausgangssituation. Ich kann es einfach nicht. Ich bin nie engagiert wurden, wenn ich vorgesprochen habe, auch im Schauspiel nicht. Ich bin dieser Situation nicht gewachsen. In kurzer Zeit, sozusagen von mir das beste zu präsentieren, diese Art von Druck halte ich nicht aus. Ich bin einfach kein Prüfungsmensch, deswegen sind Premieren auch jedes Mal hart für mich.

MK.: Sobald die Premiere vorbei ist, wird es dann besser mit der Aufregung?

DZ: Es wird besser, aber ich bin nie unaufgeregt. Ich habe immer Lampenfieber vor jeder Vorstellung. Es ist manchmal mehr, manchmal weniger, das ist auch abhängig von der Tagesform: es geht einem besser oder schlechter aber ich bin nie ohne diese Versagensangst. Das ist schon ganz schöner Stress, dem man sich da aussetzt (lacht) und das nach all den Jahren! Als ich anfing Theater zu spielen war ich bei Premieren meistens krank. Ich war eigentlich immer erkältet.

MK: Die nächste Rolle im Musicalbereich wird die Sophie in "Elisabeth" sein, in der 20jährigen Jubiläumsinszenierung von Harry Kupfer..

DZ: Ja, nach "Sister Act" hatte ich wieder Blut geleckt und finde es wunderbar das gleich zwei Angebote hinterher kamen, nämlich "Hairspray" sollte ich auch machen. Das hätte ich wahnsinnig gerne angenommen, aber das hätte sich überschnitten mit "Elisabeth."

MK: Das wäre dann die Velma van Tussle gewesen? Eine großartige Rolle.

DZ: Ja super. Hätte ich irre gerne gemacht mit Andreas Gergen, aber beides ging leider nicht. Nun ist es "Elisabeth" geworden...

MK: ... Was ja auch keine schlechte Wahl ist.

DZ: Nein. Es ist auch eine wunderbare Rolle. Ich freue mich auf die musikalische Arbeit und Harry Kupfer macht die Regie nochmals und ich bin sehr gespannt wie es wird. Ich hatte versucht mit Michael Kunze und Sylvester Levay zu sprechen, ob es vielleicht möglich wäre noch ein Lied für Sophie zu schreiben. Ich finde da fehlt etwas. Es fehlt eine richtige Nummer. Das was sie da sagt: 'Es war für mich nicht leicht so zu sein, wie ich bin, Aber ich hab es gemacht für die Monarchie, für die Tradition und für dich mein Sohn.Für alle nachfolgenden Generationen' usw. Diesen Kampf mit sich selbst, dass in fünf Zeilen abzuhandeln ist schade. Aber es soll so sein wie vor zwanzig Jahren, also gibt es leider kein Lied dazu. Die Kollegen habe ich ja schon kennengelernt, wir waren neulich zu einem Essen, das war sehr nett. Mark Seibert singt wirklich toll und Annemieke van Dam hat eine sehr schöne Stimme.

MK: Wer ja auch eine tolle Sängerin und Schauspielerin ist, ist Carin Filipcic.

DZ: Genau sie spielt die Ludovika und die Frau Wolf im zweiten Teil. Die finde ich sowieso klasse. Ein richtiges Powerpaket. Der Franz Joseph ist ganz jung und frisch von der Schule und der Kronprinz Rudolf ist Anton Zetterholm. Also mein Sohn und mein Enkel. Ich bin sehr gespannt!

MK: Liebe Frau Ziegler, ein dickes toi,toi,toi für Ihre Premiere im September und vielen Dank das Sie sich die Zeit für das Gespräch mit mir genommen haben.

DZ: Sehr gerne. Herzlichen Dank!

 

 

Photo Credits: Daniela Ziegler, Stage Entertainment, Theater des Westens, Really Useful Group

 

 



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